#17 | Bestien
Die Pferde scheuten. Vargas verlor den Halt und fiel, schlug hart auf dem Boden auf und konnte sich gerade noch zur Seite rollen, bevor ihn die Hufen von Furgams Pferd trafen. Der Kopfgeldjäger versuchte das Tier unter Kontrolle zu bekommen.
Um sie herum brach Chaos aus. Die Hörner waren laut und schrill, das Getöse kam aus allen Richtungen, wurde zwischen den Felsen hin und her geworfen. Ein Heulen mischte sich darunter, durchdringend und kehlig.
“Ich sagte doch, hier stinkt’s nach Orks!“, schrie Furgam über den Lärm hinweg. “Weg hier!“
Marjellas Pferd drehte sich verwirrt. Es kämpfte gegen die Hand seiner Reiterin, wollte losstürmen. Aber Marjella zwang es herum.
“Was machst du denn?!“, schrie Furgm ihr hinterher.
“Ich habe zuviel für die Waren bezahlt, die bekommen sie nicht!“, brüllte Marjella zurück.
Furgam knurrte wütend, riss an den Zügeln und stürmte Marjella hinterher.
Der letzte der Kopfgeldjäger beschloss, dass er nicht genug Geld bekam und gab seinem Pferd die Sporen. Es wieherte entsetzt und preschte los, knapp an Vargas vorbei, der gerade wieder auf die Beine gekommen war. Mit einem Fluch auf den Lippen sah er sich um. Zwischen Felsen und niedrigem Gestrüpp tauchten die ersten Orkfratzen auf. Sie brüllten und grinsten hämisch. Vargas wusste, dass es keinen Ausweg gab. Der Hinterhalt war zu sorgfältig geplant. Orks mochten nicht die schnellsten Denker sein, aber auf gewisse Dinge verstanden wie sich bestens.
Vargas zerrte an seinen Fesseln. Mit den Händen auf dem Rücken hatte er keine Chance. Er konnte nicht einmal wirklich laufen. Er brauchte eine Waffe.
Die Orks ließen sich Zeit, genossen die Panik ihrer Opfer. Mit viel Lärm und Spott schlossen sie ihren Kreis enger. Sie bliesen in ihre Hörner, schlugen ihre Waffen gegeneinander, schrien, brüllten, blökten und lachten gellend. Sie äfften die Gesichter ihrer Beute nach, leckten sich die Lippen und rieben sich Hände und Bäuche in übertriebener Vorfreude.
Vargas sah auf Leichen der zwei Kopfgeldjäger hinunter. Nirgends war eine Klinge zu sehen. Er wich weiter zurück.
Jemand ergriff ihn. Er wollte sich wehren, bekam dafür eine heftigen Schlag gegen den Kopf.
“Lass dass, du Idiot!“, fauchte Marjella und zerrte ihn in die Höhe.
Furgam tauchte neben ihnen auf und packte mit an. Gemeinsam hievten sie Vargas hinter Marjella aufs Pferd. Das verängstigte Tier scheute und tänzelte. Vargas konnte sich nicht festhalten und fluchte laut.
“Weg hier!“, schrie Furgam.
Sie gaben ihren Pferden die Sporen. Mit lautem Wiehern stürmten sie los, auf die Wand aus grauhäutigen Ungeheuern zu, die sie mit schrillen Pfiffen und wilden Gesten empfingen. Marjella brüllte und trat ihrem Pferd in die Flanken. Aber es schreckte vor den Orks zurück, drehte sich und suchte einen anderen Fluchtweg.
Es gab keinen. Die Reihen der Orks waren dicht geschlossen. Wie eine Mauer aus Lärm und tödlichen Metall kamen sie immer näher. Die Pferde waren panisch, drehten sich hilflos im Kreis und stiegen.
Vargas wurde wieder abgeworfen. Furgam ebenso. Sie rollten durch den Staub und über spitze Steine, begleitet vom höhnischen Gebrüll der Orks. Ein paar von ihnen sprangen vor, auf Vargas und Furgam zu, schwangen Keulen und schartige Schwerter. Vargas trat nach ihnen und brüllte. Die Orks interessierte das nicht. Einer von ihnen baute sich über Vargas auf.
Hufen trafen ihn und er taumelte, stieß gegen seine Kumpane. Vargas zog den Kopf ein, wich dem Pferd aus, das dicht neben ihm tänzelte. Marjella zwang es weiter und weiter gegen die Orks. Sie schlug mit ihrer Klinge nach ihnen.
“Steh auf!“, schrie sie Vargas zu.
Er stemmte sich hoch. Furgam blieb liegen. Daran würde nichts mehr etwas ändern. Sein Blut klebte an den Waffen der Orks, die sich über seine Leiche beugten und sie nach Wertvollem durchsuchten.
Marjella trieb ihr Pferd zwischen Vargas und die Orks. Vargas schnaubte abfällig. Sie waren umzingelt. Es gab keine Möglichkeit mehr zu entkommen und offenbar hatten die Orks genug Spaß gehabt. Sie waren ruhiger geworden und bewegten sich zielstrebig auf ihre Opfer zu.
Marjella wollte sie zurücktreiben aber einer der Angreifer stieß mit seinem Speer zu, durchbohrte die Seite des Pferdes. Das Tier schrie und stürzte. Marjella wurde zu Boden geschleudert. Sie hustete und richtete sich wieder auf. Ihr Schwert lag ein ganzes Stück von ihr entfernt, halb unter dem Pferd begraben. Das zuckte mit den Beinen, traf noch einen Ork, der darüber hinweg steigen wollte.
Marjella wich zurück, bis sie nahe bei Vargas stand, und zog ein langes Messer.
“Schneid mir die Fesseln auf“, verlangte Vargas.
Sie schnaubte verächtlich. “Wozu? Damit du mich töten kannst, bevor die es tun?“
Vargas gönnte sich ein Grinsen. “Für dich werde ich mir Zeit nehmen. Also los. Entweder kommen wir hier zusammen heraus, oder gar nicht.“
“Vergiss es“, fauchte sie. “Du bist viel zu wertvoll für mich.“
Vargas spuckte aus. “Hast du dich deswegen lieber um mich gekümmert, statt deinem Kumpel zu helfen, Miststück?“
Marjella fuhr herum und schlug ungeschickt zu. “Ich konnte ihm nicht mehr helfen, verdammte Missgeburt!“
Mit einem Schrei warf sich Vargas gegen Marjella, stieß sie beinahe um. Sie rangen miteinander und die Orks brüllten vor Lachen, klatschten und begannen Wetten abzuschließen.
Vargas nutzte ein Lücke in Marjellas Verteidigung und biss sich in ihrem Ärmel fest. “Bastard!“, grunzte er undeutlich.
“Arschloch!“ Marjellas Klinge durchtrennt die Seile um Vargas’ Handgelenke.